Von der Forstwirtschaft in die Weltgemeinschaft
2024 ist das Jahr der olympischen Spiele in Paris und der Fußballeuropameisterschaft der Männer in Deutschland. Sie sollen die „nachhaltigsten Veranstaltungen aller Zeiten“ werden. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff Nachhaltigkeit und wie kann man sie überhaupt messen? Im Folgenden geben wir einen Einblick in die Geschichte und Entwicklung der Nachhaltigkeit.
Zurück zu den Anfängen
Erstmals wurde das Prinzip der Nachhaltigkeit im 18. Jahrhundert im Zusammenhang mit der Forstwirtschaft formuliert1, 2. Es besagt, vereinfacht gesprochen, dass nur so viel Holz geschlagen werden darf, wie auch nachwachsen kann. Seither wurde der Begriff auf zahlreiche Gebiete im Umwelt- und Gesellschaftskontext erweitert.
Die Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung von Rio de Janeiro 1992 markierte den Startpunkt für das Leitbild nachhaltige Entwicklung als globale, handlungsleitende Maxime für Politik und Gesellschaft3. In Deutschland veröffentlichte die damalige Bundesregierung im Jahr 2002 die erste nationale Strategie für nachhaltige Entwicklung mit dem Titel „Perspektiven für Deutschland“. Seit 2006 gibt das Statistische Bundesamt alle zwei Jahre den Bericht „Nachhaltige Entwicklung in Deutschland“ heraus, der 28 Indikatoren für Nachhaltigkeit betrachtet4.
Im Jahr 2015 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Agenda 2030, in der sich die Weltgemeinschaft auf 17 Ziele für eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung einigte – die Sustainable Development Goals oder kurz SDGs5. Seither sind zahlreiche Anstrengungen weltweit unternommen worden, diese Ziele in nationale Strategien zu übersetzen oder zu integrieren und die Maßnahmen und Erfolge messbar zu machen.
Nachhaltigkeit in Deutschland
Die Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie bildet die Umsetzung der Agenda 2030 auf nationaler Ebene ab. Sie wird alle vier Jahre aktualisiert. Zu jedem der 17 globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung der Agenda 2030 hat die Bundesregierung nationale Prioritäten in Form von eigenen Zielen festgelegt und zur Erfolgskontrolle an messbaren Indikatoren ausgerichtet4. Ein Beispiel hierfür ist der Anteil landwirtschaftlicher Flächen unter ökologischer Bewirtschaftung, der als Indikator für das SDG 2-Ziel „Kein Hunger“ dient. Dieser Anteil lag im Jahr 2022 bei 9,7 Prozent, als Ziel für 2030 haben die Regierungsparteien in ihrem Koalitionsvertrag einen Anteil von 30 Prozent festgelegt6.
Im März 2021 hat das Bundeskabinett die Weiterentwicklung der deutschen Nachhaltigkeitsstrategie beschlossen. Dabei wurden sechs übergreifende Transformationsbereiche definiert7, die mehrere Ziele der Agenda 2030 adressieren:
- Menschliches Wohlbefinden und Fähigkeiten
- soziale Gerechtigkeit
- Energiewende und Klimaschutz
- Kreislaufwirtschaft, Nachhaltiges Bauen und Verkehrswende
- nachhaltige Agrar- und Ernährungssysteme
- schadstofffreie Umwelt
Ein siebtes Handlungsfeld ist der Blick über die nationale Ebene hinaus auf internationale Verantwortung und Zusammenarbeit. Ein ressortübergreifender Staatssekretärsausschuss für nachhaltige Entwicklung koordiniert das Arbeitsprogramm und die Umsetzung der Maßnahmen.
Die politische Entwicklung spiegelt sich auch in den Nachhaltigkeitsstrategien der Hochschulen wider. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert im Programm Forschung an Fachhochschulen zudem zahlreiche Projekte, die sich direkt oder indirekt dem Thema Nachhaltigkeit widmen. Einen kleinen Ausschnitt daraus möchten wir Ihnen in diesem „Thema im Fokus“ vorstellen. Viele weitere Vorhaben finden Sie auf unserer Forschungslandkarte.
Quellenangaben
1 Begriffsdefinition "nachhaltig", Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache (ZDL)
2 Georg Ludwig Hartig (Freiberg, Sachsen) "Anweisung zur Taxation der Forste oder zur Bestimmung des Holzertrags der Wälder" (1795)
3 Lisa Andes, "Methodensammlung zur Nachhaltigkeitsbewertung Grundlagen, Indikatoren, Hilfsmittel", Karlsruher Institut für Technologie KIT (2019)
4 Indikatorenbericht des Statistischen Bundesamtes zum Download
6 Koalitionsvertrag der Bundesregierung
7 Deutsche Nachhaltigkeitsstrategie, Website der Bundesregierung