Mit der Energiewende zur Klimaneutralität
Die Lösung der Klimakrise ist untrennbar mit einer Energiewende verbunden: Um den Ausstoß von Kohlendioxid spürbar zu reduzieren, muss die Menschheit möglichst bald von fossilen Brennstoffen auf regenerative Energiequellen umsteigen. Im Prinzip ist das bereits seit vielen Jahrzehnten bekannt, aber die meisten Industrienationen hinken diesem Ziel meilenweit hinterher.
Auch in Deutschland geht die Entwicklung langsamer als sie müsste. So gab es den ersten echten Schub für die Energiewende denn auch unter einem anderen Schlagwort: Atomausstieg. Im Juni 2011 beschloss die damalige Bundesregierung angesichts der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie. Damit startete ein beschleunigter Netzausbau für erneuerbare Energien und Aktivitäten zur Steigerung der Energieeffizienz. Mit dem im Jahr 2021 beschlossenen Bundes-Klimaschutzgesetz (KSG) bekam die Energiewende noch einmal Vorschub, um fossile Energieträger früher aus dem Energieversorgungssystem zu verbannen.
Ziel ist es, Deutschland bis 2045 zu einem klimaneutralen Industrieland zu entwickeln. Statt aus Öl, Kohle, Gas oder Atomkraft soll der Strom in Deutschland künftig vorwiegend aus Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse stammen. Schon im Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des deutschen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Energien gewonnen werden.
Im Jahr 2022 wurden rund 45 Prozent des Stroms in Deutschland aus erneuerbaren Energien erzeugt (siehe Grafik zur Bruttostromerzeugung). Allerdings war Kohle im Jahr 2022 wie bereits in den Vorjahren immer noch der wichtigste Energieträger: Ein Drittel (31 Prozent) des in Deutschland erzeugten Stroms kam aus Kohlekraftwerken.
Das Umweltbundesamt stellt fest, dass dreimal so viele Kapazitäten wie bisher installiert werden müssen, um den Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern.1 Zusätzlich stellt die Transformation das Stromnetz vor große Herausforderungen. Das System muss von Grund auf neu aufgesetzt werden. Ursprünglich war die Stromversorgung von wenigen zentral gesteuerten Großkraftwerken abhängig. Heute kommen neue, kleine Akteure bis hin zu Privathaushalten hinzu und speisen Strom dezentral in die Verteilungsnetze ein. Dies erfordert neben neuen rechtlichen Rahmenbedingungen ganz neue Technologien und Abrechnungssysteme - eine komplexe Aufgabe mit vielen Abhängigkeiten und Wechselwirkungen.
Obwohl der Rückhalt in der Bevölkerung für die Energiewende zu Beginn hoch war, schwächte sich die Aufbruchstimmung deutlich ab, als es um die konkrete Umsetzung von Maßnahmen ging. Ein Grund hierfür ist auch der sogenannte „Not in my backyard“-Effekt (NIMBY), der immer wieder zu Protesten von Anwohnerinnen und Anwohnern führt, wenn etwa Stromtrassen verlegt oder Solarparks in direkter Nachbarschaft errichtet werden sollen. Auch treten Ausbaupläne von erneuerbaren Energien in Konflikt mit Naturschutzinteressen, und nicht zuletzt werden auch Privathaushalte finanziell belastet. Bereits 2018 erklärte Armin Grunwald, Professor für Technikphilosophie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Mitglied im Zukunftskreis des BMBF, dass die Energiewende weit mehr sei als „der Ersatz alter durch neue Technik“. Er wies darauf hin, dass gesellschaftliche Verwerfungen, ethische Debatten, Gerechtigkeitsdiskussionen und Akzeptanzprobleme die eigentlichen Gründe seien, "warum die Energiewende ganz erheblich schwerer ist als 2011 erwartet wurde“.2
An den aktuellen Diskussionen rund um die angestrebte Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) zeigen sich diese Herausforderungen. Die Transformation der Energieerzeugung und -verteilung ist laut Grunwald ein Generationenprojekt, das uns alle betrifft. Wichtig seien hierbei unter anderem eine gerechte Verteilung dieser Kosten und ein transparentes Vorgehen bei Planungen.
Allen Schwierigkeiten zum Trotz belegt jedoch eine aktuelle Umfrage von KfW Research aus dem Jahr 2023, dass die Zustimmung zum beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien mit 92 Prozent „überwältigend hoch über verschiedene Bevölkerungsgruppen hinweg“ ist3.
Auch das KfW- Energiewendebarometer 2022 belegt, dass die Energiewende für viele Haushalte an Bedeutung gewonnen hat (siehe Balkendiagramm). Im Durchschnitt gaben 30 Prozent der Haushalte an, die Energiewende sei für sie im vergangenen Jahr wichtiger geworden, nur knapp sechs Prozent finden, sie sei unwichtiger geworden. Hervorzuheben ist hier, dass insbesondere bei Haushalten mit geringstem Einkommen (unterstes Einkommensquartil Q1) eine leicht überproportionale Zunahme der Bedeutung zu verzeichnen ist.
Gleichzeitig steigt die Handlungsbereitschaft der Haushalte mit dem Vertrauen und der wahrgenommenen Fairness. Auf einer Skala von null (keine Bereitschaft) bis zehn (sehr hohe Bereitschaft) liegt der Durchschnittswert bei 6,1. Bei den Haushalten, die an einen fairen Ausgleich glauben, war sie allerdings deutlich höher (6,8) als bei Haushalten, die nicht an einen fairen Ausgleich glauben (5,8).4