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Projekt AdeLe: Hamburger Hilfskonzept findet großen Anklang : Datum:

Wie nah Forschungsprojekte an Fachhochschulen oft am Leben der Menschen dran sind, beweist die HAW Hamburg: Im Projekt AdeLe entwickelte die Hochschule ein Hilfskonzept für desorganisiert lebende Menschen, das nun von der Ambulanten Hilfe Hamburg e.V. in die Praxis umgesetzt wird. Auch außerhalb von Deutschland hat das Projekt schon Interesse geweckt.

Ein Zimmer, vollgestellt mit Möbeln, Kisten und Kleinkram
Mehr als nur ein bisschen Unordnung: Ein Hamburger Hilfskonzept unterstützt Menschen beim Kampf gegen die komplexen Problemlagen in ihrem Leben. © Adobe Stock / trekandphoto

Menschen, die desorganisiert leben – die also, wie man gemeinhin sagt, am Messie-Syndrom leiden – rutschen nicht nur oft in die soziale Isolation, sondern können im schlimmsten Fall sogar ihre Wohnung verlieren, weil Vermieter die fortschreitende Verwahrlosung der Wohnräume nicht tolerieren. Gleichzeitig sind die Betroffenen aber mit den klassischen sozialen Hilfsstrukturen kaum erreichbar. Dabei brauchen sie dringend Hilfe an verschiedenen Fronten, denn das Chaos ist nur ein Symptom für tieferliegende Probleme.

Mit dem Projekt AdeLe (Laufzeit 2017 bis 2020) wollte die Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) Hamburg dieses Problem lösen: Ziel der Arbeiten unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Langer war es, ein Hilfskonzept für Menschen in desorganisierten Wohnsituationen zu entwickeln, das die bestehenden Hilfsangebote verknüpft und verhindert, dass die Betroffenen einfach nur von einer Stelle zur anderen verwiesen werden.

Das Hilfskonzept war schon während der Erprobungsphase so erfolgreich und vor allem so gefragt, dass dem AdeLe-Team klar war: Diese Arbeit muss fortgesetzt und fest in den sozialen Hilfsstrukturen der Stadt verankert werden. Doch die Vielzahl der beteiligten Akteure und die notorische Geldknappheit im Sozialwesen machten es beinahe unmöglich, alle unter einen Hut zu bringen und vom finanziellen Nutzen des Projekts zu überzeugen.

Letztlich hat sich die Hartnäckigkeit des Teams jedoch ausgezahlt: Sie nahmen Kontakt zur Ambulanten Hilfe Hamburg e.V. (AHH) auf, und der Verein hatte sofort Interesse an dem Konzept. Die AHH hat ihre Wurzeln in der Wohnungslosenhilfe, und eines ihrer Kernziele ist es, Menschen vor Obdachlosigkeit zu bewahren.

Die benötigten Mittel, um das AdeLe-Konzept in ein Praxisprojekt zu überführen, konnte die AHH über die Deutsche Fernsehlotterie einwerben. Seit Anfang April wird es nun als „Projekt Dele – Unterstützungsangebot für desorganisiert lebende Menschen, ihre Angehörigen und Fachkräfte“ im gesamten Hamburger Stadtgebiet angeboten – eng begleitet von den Experten der HAW. Die frühere AdeLe-Mitarbeiterin Johanna Wessels etwa ist jetzt die Projektleiterin von Dele, Andreas Langer steht in beratender Funktion zur Verfügung.

Anders als das Forschungsprojekt AdeLe konzentriert sich Dele allerdings nicht mehr nur auf ältere Menschen, sondern ist für alle Betroffenen da. Es dient als Brücke zwischen den unterschiedlichen Hilfsangeboten und bietet eine Anlaufstelle für die Beratung von desorganisiert lebenden Menschen oder ihren Angehörigen. Zum Projekt gehören außerdem partizipative Begegnungsräume und vor allem eine enge und individuelle Begleitung der Betroffenen. So können akute Krisen und Konflikte abgefangen werden, bevor sie zum Beispiel in völliger sozialer Isolation oder einer Räumungsklage des Vermieters enden. Wie schon bei AdeLe erprobt, gliedert sich diese Begleitung in drei Phasen, vom Vertrauensaufbau und der Abwendung akuter Krisen über die Alltagsbegleitung und vertiefte Unterstützung bis hin zur Nachsorge und Stabilisierung der Lebenssituation.

Die Finanzierung von Dele durch die Deutsche Fernsehlotterie ist zunächst auf zweieinhalb Jahre begrenzt, doch das erklärte Ziel von AHH und HAW ist die dauerhafte Einbindung des Konzepts in das Hamburger Hilfesystem. In einem intensiven Austausch mit der Hamburger Sozialbehörde werden bereits die Finanzierungsmöglichkeiten ausgelotet.

Vielleicht hilft Dele dabei auch das große Interesse, das das Konzept neuerdings außerhalb von Hamburg weckt: Kürzlich, so berichtet Johanna Wessels, habe man eine Anfrage aus einer europäischen Metropole erhalten. Die dortige Sozialbehörde will das Konzept übernehmen und lotet bereits ebenfalls die Finanzierungsmöglichkeiten aus. Bei Dele hofft man nun auf eine fruchtbare internationale Kooperation – und darauf, dass das Hilfskonzept für ein aufgeräumteres Leben bald sogar noch viel weitere Kreise zieht.